Gescher. „Au weia.“ Stefan Roters kann nicht glauben, was seine Augen da sehen: Mit einem beherzten Zufallsschuss holt er gestern kurz vor 14 Uhr in Tungerloh-Capellen den letzten dicken Vogel-Brocken von der Stange. Gerechnet hatte der Autohändler mit diesem Überraschungscoup nicht. Auch eine Königin kann der verdutzte Regent nicht sofort präsentieren, aber es dauert nur ein paar Minuten, da steht es fest: Petra Bitting wird ihm als Regentin zur Seite stehen. Jubel brandet an der Vogelstange auf. Schützenbrüder heben Roters auf ihre Schultern: „Ulala, wir haben einen König“, intonieren sie. Erleichterung schwingt da mit. Denn fast eineinhalb Stunden schien es so als sollte sich das Debakel des Vorjahres wiederholen und die traditionsreiche St. Antonius-Schützenbruderschaft erneut in die Bredouille geraten. Obwohl es im Vorfeld Bewerber für den Thron zu geben schien, waren diese in den entscheidenden Stunden des Kampfes an der Vogelstange abgetaucht. Unmut schwang in Kommentaren mit, die das ein oder andere Vorstandsmitglied offen äußerte. „Wir fahren mit großer Geschwindigkeit auf eine Wand zu und hoffen darauf, dass irgendeiner noch die Bremse findet“, äußerte sich ein Alt-König. Um etwas sarkastisch hinzuzufügen: „Komisch, alle wollen immer „im nächsten Jahr“ den Vogel abschießen. So haben wir stets eine Schlange von Aspiranten fürs nächste Jahr...“ Eigentlich sei das unverständlich, habe doch der Vorstand der Bruderschaft in den vergangenen Monaten erhebliche Erleichterungen rund um Verpflichtungen und Terminkalender eines neuen Königspaares und seines Thrones eingeführt.
Plötzlich fällt der alles entscheidende Schuss, es ist der 189. Auch der neue Thron ist dann bald bestimmt: Günter und Andrea Schmeing sowie Ewald Bitting und
Petra Roters sind die neuen Ehrendamen- und herren. Wenig später kann das neue Regentenpaar bei Haar-Holtkamp ausgeholt werden. Und der Thronball, musikalisch begleitet von den „Travados“ aus
Billerbeck, knüpft am Abend in Stimmung und Begeisterung nahtlos an den Christi Himmelfahrtstag an.
Da hatte das Schützenfest in Capellen morgens mit einer Messe in der Antoniuskapelle, mit Kranzniederlegung, Frühschoppen und Kaffeetrinken seinen
Auftakt genommen. Dass so viele geladene Vereine im Zelt vertreten waren, lobte Franz-Josef Düchting als Vorsitzender der Schützenbruderschaft besonders. Sowohl nachmittags als auch das Fest
abends, musikalisch begleitet von „Motion Live“, war „einfach toll.“ Der alte König Hubert Bessler und seine Mitregentin Edeltraud Ening, die im letzten Jahr beim Stillstand an der Vogelstange
spontan in die Bresche gesprungen waren, hätten bewiesen „dass die ältere Generation uns weiterbringt.“ Und so durfte Tungerloh-Capellen sowohl am Donnerstag als auch beim Königsball gestern
Abend Feste erleben, „die mehr als gut waren.“
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